Dieser Text basiert auf einem hervorragendem Aufsatz mit vielen Bildern von Olaf Hungenberg – Düsseldorf/Neuss, erschienen in „Der Vogelfreund“ Ausgabe 5/2006, und als PDF nachles- und herunterladbar über den Direkt-Link der birdsandmore.de-Seite der Firma Hungenberg http://www.birdsandmore.de.
Hier eine verkürzte Darstellung mit freundlicher Genehmigung von Herrn O. Hungenberg.
Keimfutter stellt eine ideale Bereicherung der Ernährung dar vorausgesetzt, man verwendet einwandfreie hochkeimfähige Saaten und bereitet das Keimfutter richtig zu. In der Aufzuchtphase kommt Keimfutter eine besondere Rolle zu.
Grundsätzliche Überlegungen
Man muss sich jedoch – sollte man sich für die Verwendung von Keimfutter entscheiden – darüber im Klaren sein, dass die Utensilien zur Herstellung (Keimsieb, Keimautomat etc.) stets nach dem Gebrauch gründlich gereinigt werden müssen, um eventuell anhaftende Keime zu entfernen.
Es gibt die verschiedensten Gerätschaften um Keimfutter herzustellen. Gleich welche Methode man auch wählt, zwei Voraussetzungen müssen gegeben sein: zum einen müssen diese Geräte leicht zu säubern sein und zum anderen müssen die Bedingungen für eine optimale Keimung erfüllt werden.
Optimal sind Haushaltssiebe aus Kunststoff oder die neuerdings auf dem Markt erhältlichen Keimsiebe mit einem wahlweisen Durchmesser von 20 cm bzw. 30 cm. Sinnvoll ist es sich diese Siebe in doppelter Ausführung zuzulegen, so dass jeweils ein Satz in Gebrauch und ein Satz in der Reinigung ist. Derartige Kunststoffsiebe können problemlos und ohne großen Aufwand mit einem handelsüblichen Chlorreiniger in entsprechender Verdünnung behandelt werden. Lässt man die Siebe nach dem Reinigungsvorgang gut abtrocknen, so ist der Hygiene zumindest bei den Utensilien Rechnung getragen. Des Weiteren muss man nach dem eigentlichen Quellvorgang in regelmäßigen Abständen die Saat ausspülen. All diese Dinge sind zu berücksichtigen, und wer all dies nicht garantieren kann, sollte erst gar nicht mit Keimfutter anfangen.
Quellzeit
Die ideale Quellzeit/Wässerungszeit hängt von der jeweiligen Samenart ab. In der Regel benötigen ölhaltige Sämereien eine deutlich geringere Wässerungszeit als mehlhaltige Sämereien. So reicht bei ölhaltigen Samen meist eine Wässerungszeit von 4 Stunden vollkommen aus, während mehlhaltige Samen mindestens 6 Stunden gewässert werden sollten. Dieser Grundsatz gilt ausschließlich für üblicherweise in Keimfuttermischungen verwendete Sämereien und auch nur bei nicht ölpolierten Sämereien.
Die zuvor genannte Quellzeit sollte nicht deutlich überschritten werden, um die Atmung des Samens nicht zu beeinträchtigen. Im Zuge einer übermäßigen Quellzeit kommt es durch intrazelluläre Atmung zu Gärungsvorgängen, die den Keimling schädigen.
Keimphase
Nach der Quellphase wird die Saat gut und gründlich durchgespült – vorzugsweise mit handwarmem Wasser – und nach einer Abtropfzeit im Sieb zu 2/3 abgedeckt. Auch von unten sollte Sauerstoff an die Saat gelangen. Die weitere Atmung des Keimlings ist mit der Entstehung von Kohlendioxid und einer fühlbaren Wärmefreisetzung verbunden.
Die Sauerstoffzufuhr ist jetzt wichtig, da sich sonst Kohlendioxid anreichert und hier eine intrazelluläre Atmung die Folge wäre. Die entstehende Gärung führt dabei zur Bildung von Ethanol, Fuselölen und Säuren, die den Keimling empfindlich schädigen können.
Während dieser Keimphase sollte mindestens alle 12 Stunden ein gründliches Durchspülen und Abtropfen erfolgen. Die Umgebungstemperatur hat einen großen Einfluss auf die Keimgeschwindigkeit, höhere Temperaturen beschleunigen erwartungsgemäß das Keimwachstum. Überschüssiges Keimfutter kann problemlos im Kühlschrank aufbewahrt werden, wobei der Keimprozeß deutlich verlangsamt wird.
„Quellfutter“
Oft ist auch die Rede von so genanntem „Quellfutter“ – also einer Keimfuttermischung welche bereits nach der Quellphase verfüttert wird und der Spross noch nicht zu erkennen ist. Ernährungsphysiologisch ist es jedoch dem hier besprochenen Keimfutter deutlich unterlegen und vom Nährwert dem trockenen Korn gleichzusetzen. Einziger Vorteil des Quellfutters gegenüber dem trockenen Körnerfutter ist die Konsistenz, welche durchaus zu einer bevorzugten Aufnahme animiert.
Veränderungen durch die Keimphase
Der Samen besteht generell aus Keimling, Körper und Umhüllung (Spelze, Frucht- und Samenschale). Der Keimling ist der lebende Teil des Samens. Der Körper– je nach Samenart mit unterschiedlichen Kohlehydrat-, Protein- und Fettanteilen – dient dem Keimling während der Keimung als Nährstoffspeicher. Diese inneren Reserven reichen aus, den Keimling für längere Zeit von einer Nährstoffzufuhr unabhängig zu machen.
Beim Keimen steigt der Wassergehalt der Samen je nach Samenart in Kürze von 10 auf bis zu 70 bis 80 Prozent an. Mit dieser Wasseraufnahme und der dadurch bedingten Volumenzunahme der Zellen, setzen zahlreiche Stoffwechselaktivitäten ein. Dies setzt allerdings voraus, dass im Samen auch tatsächlich eine Keimungsbereitschaft vorhanden ist und somit die Samenruhe durchbrochen werden kann.
Die Keimbereitschaft ist stark abhängig von den Bedingungen während der Reife, der Ernte und der Weiterbehandlung (z.B. künstliche Trocknung aufgrund hohen Wassergehaltes des Kornes).
Im frühen Keimstadium ist der rasche Anstieg an bestimmten Enzymen bestimmend, der die Mobilisierung der Reservestoffe einleitet. Bereits wenige Stunden nach dem Weichen werden die im Keimling lokalisierten löslichen Zucker nahezu völlig verstoffwechselt. Der weitere Bedarf an Glukose wird durch die Mobilisierung der Stärke im Samenkörper gedeckt. Die komplexen Kohlenhydrate werden zu leicht verdaulichem Doppelzucker umgewandelt – der Keimling erhält seine typisch süßliche Geschmacksnote.
Der Abbau der Proteine (Reserveproteine) erfolgt durch Enzyme und wird direkt für Neusynthesen von Proteinen, Aminosäuren und weiteren stickstoffhaltigen Verbindungen verwendet. Hier ist vor allem die Veränderung zu Gunsten freier Aminosäuren hervorzuheben. Die Fettreserven werden zu Fettsäuren und Glycerin abgebaut – was eine Erhöhung des Gehaltes an mehrfach ungesättigten Fettsäuren nach sich zieht. Weitere Inhaltsstoffe des Korn werden zur Biosynthese sekundärer Pflanzenstoffe verwendet.
Der Anstieg an Vitamingehalten im Verlaufe der Keimung kann vor allem bei Vitaminen des B-Komplexes, Vitamin C, Vitamin E und Vitamin K beträchtlich sein. Auch hier spielt die Samenart eine große Rolle, sowie die Keimdauer.
Ernährungsphysiologischer Wert von Keimfutter
Während grundsätzlich der ernährungsphysiologische Wert von Keimfutter aufgrund der Bioverfügbarkeit der veränderten Inhaltsstoffe bereits im frühen Keimstadium hervorzuheben ist, ist mit fortschreitender Keimung und Einsetzen der Photosynthese ein Anstieg der Hauptnährstoffgehalte zu verzeichnen. Der Proteingehalt der gekeimten Saat steigt im Vergleich zur jeweiligen Trockensubstanz im weiteren Verlauf der Keimung bis zu etwa 30% an – abhängig von der jeweiligen Saat – wogegen er ab einer bestimmten Schwelle wieder absinkt.
Quelle: Dieser Text basiert auf dem hervorragenden Aufsatz von Olaf Hungenberg nachlesbar unter Nützliches > PDF-Dateien: > Berichte • Fachartikel > Keimfutter auf der Homepage der Firma Hungenberg (birdsandmore.de). Dort finden sich auch umfangreiche Quellenangabe!